Der August begann für mich mit einer offenbar ungewöhnlichen Kombination im Kaisergebirge: von der Griesner Alm zum Feldberg, hinunter zum Kohllanersattel und über die Feldalm zum Stripsenjoch. Eigentlich eine schöne Tour, wenn nicht das Wetter nach vielversprechendem Beginn die ganze Zeit mit wesentlicher Verschlechterung gedroht hätte. Und die kuhtrittige Matsche im Abstieg zur Feldalm war auch eher gewöhnungsbedürftig… Ebenfalls etwas stressig (obwohl diesmal bei Top-Wetter) erwies sich eine Nachmittagstour zur Hochsalwand über die Rampoldplatte, da sie sich dann doch mehr und mehr zur Sonnenuntergangstour entwickelte. Und dann kam, das muss man so sagen, mein Highlight des Jahres: der Tristner. Der steht da so dominant im Zillertal herum, und ich hatte ihn schon lange im Blick, mich aber angesichts der 1600 Höhenmeter rauf und wieder runter bisher nie getraut. Diesmal fühlte ich mich fit genug und habe ich es gewagt. Bei bestem Wetter, so dass ich den Rucksack leicht packen konnte, und mit dem Trick, zweimal Wasserflaschen unterwegs zu deponieren, um ihn noch leichter zu machen. Ich war sehr stolz auf mich, als ich oben war, obwohl ich – trotz frühen Aufstehens – der letzte am dem Tag war. Die paar anderen Besteiger kamen mir schon alle entgegen. Ich kann’s nur empfehlen: anspruchsvoll, aber eigentlich für jeden erfahrenen Alpenwanderer machbar; abwechslungsreich; einsam; und das Panorama… wow. – Nun gut, jetzt war am nächsten Tag dummerweise auch schönes Wetter, und da bin ich dann noch über den Steilner Grat zum Großen Traithen raufgegangen, was in Summe dann doch ein bisschen viel für das Wochenende war. Aber hey, machmal muss die Produktivität am Montag einfach mal kurz leiden… Das Wochenende drauf war samstags leicht verregnet, was aber noch für eine Runde auf den Laber (Schartenkopf rauf, Soilealm runter) gereicht hat. Sonntags war es dann wieder besser, und man könnte ja nochmal ins Zillertal fahren… um über Geisel-, Nafing- und Nurpensjoch zum Rastkogel aufzusteigen. Das stellte sich als einer von diesen Tagen heraus, wo man ziemlich allein ist – bis auf einen 10-Minuten-Umkreis um den Gipfel herum, in dem Kirmes ist. Wo kamen die bloß alle her? Der Abstieg über den Lämmerbichl war dann auch wieder sehr ruhig. Es folgte mein zweiter Besuch am Seekarkreuz im selben Jahr – diesmal als Sonnenuntergangstour, wofür sich der Berg als sehr geeignet herausstellte, aber auch als schweißtreibendste Tour aller Zeiten. Oder zumindest seit dem Großen Traithen. Als nächstes ging es von der Ackernalm zum Hinteren Sonnwendjoch, leider wieder bei sich verschlechterndem (vernebelnden) Wetter, aber immerhin in einer für mich neuen Variante über die Wildenkaralm. Der August endete mit einer großen grenzüberschreitenden Runde zur Brunnensteinspitze von Scharnitz aus. Wobei mein Rastplatz die Rotwandlspitze war, die weitgehend unbeachtet blieb, während es an der Brunnensteinspitze (50 Meter weiter vorne) doch eng wurde.
Mein Berg-September bestand leider nur aus einer einzigen Tour, bevor der Bergsommer für mich aus persönlichen Gründen abrupt endete. Aber es war zumindest eine gute! In fast kompletter Bergeinsamkeit ging es durch den wunderschönen Frommgrund zur Pallspitze und über die Jagglfeldalm zurück. Und wenn ihr LeserInnen jetzt denkt: „Was? Wo?“, dann holt mal die Karte raus. Es lohnt sich wirklich.
Es war dann doch schon November, als ich dann doch noch ein paar Gelegenheiten hatte, in die Berge zu gehen. Mehr noch als der Rest des Jahres war der November der Monat der drolligen Wege-Kombinationen. Er begann mit einer relativ normalen Besteigung der Hochplatte in den Ammergauer Alpen aus dem Roggental, die ich dann aber immerhin mit einer Überschreitung und einem kurzen, etwas wilden Gegenanstieg zum Weitalpspitz verbunden habe. Direkt am nächsten Tag ging es dann an eine Überschreitung der Maroldschneid. Ja, dazu muss man erst weglos eine ziemlich steile Wiese rauf. Und ja, da ist ein durchgängiger Pfad, aber da sind auch Latschen, und man muss ständig hoffen, dass das, was man für den Pfad hält, auch wirklich der Pfad ist und nicht irgendeine beliebige Latschengasse. Und ja, der Weg vom Auerspitz zurück zieht sich. War trotzdem cool. Dann der Lerchkogel. Die weiten, flachen Lerchkogelalmen sieht man ja von weitem von vielen Stellen in den Bayerischen Voralpen aus, und ich wollte da immer schon hin. Aber der Zuweg von Fall aus ist ohne Mountainbike echt verdammt lang. Aber wisst ihr was, er war es wert – das war eine sehr schöne, herbstmorgendlich-kühle Wanderung mit Tirol-Berührung (das zu dem Zeitpunkt ansonsten aus Covid-Gründen „verboten“ war). Zum Seekarkreuz habe ich es danach nicht ein drittes Mal geschafft, aber der Grasleitenkopf gegenüber war für eine kleinere Runde auch ein nettes Ziel. Das letzte größere Abenteuer war dann die Überschreitung des Kienjochs von Graswang (sehr merkwürdiges Dorf!) aus – über die Kuhalm rauf, und zwar über den gegenüber dem Steig höher gelegenen Fahrweg, um schon bald etwas Sonne abzubekommen. Und über den Kieneckspitz wieder runter, wo ich es noch kurz vor Schluss geschafft habe, mir die Kopfhaut an der Unterseite eines umgestürzten Baumes aufzuschaben. Helm tragen beim Wandern? Hmm… Der Herbst endete dann mit einer sehr traditionellen Runde vom Tortal über die Torscharte ins Rohntal. Zum ersten Mal habe ich diesmal verstanden, wo der Torkopf eigentlich ist. Aber auch wenn viele andere dort hochkrabbelten – mein Enthusiasmus hielt sich in Grenzen.
Das Bergjahr als Ganzes endete dann im Dezember kurz vor Weihnachten mit einer kurzen Sonnenaufgangs-Wanderung über den Blomberg zum Zwiesel. Also, die Wanderung ging kurz vor Sonnenaufgang los. Ich war nicht zum Sonnenaufgang oben. Das ganz frühe Aufstehen muss ich dann doch nochmal üben.